Sächsisches Altlastenkolloquium

Nachbetrachtung zum XXVII. Sächsischen Altlastenkolloquium

am 8. und 9. November 2022

Am 8. und 9. November 2022 fand das XXVII. Sächsische Altlastenkolloquium statt. Nachdem vor zwei Jahren die Tagung aufgrund der Corona-Pandemie als Online-Veranstaltung erfolgte, konnte sie in diesem Jahr in Präsenz in den Räumen der Dreikönigskirche in Dresden durchgeführt werden. In fünf Themenblöcken wurden rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen, Erfahrungen aus der Erkundungs- und Sanierungs-Praxis, Sanierungs- und Nachnutzungsfallbeispiele und weitere Themen besprochen. Eingeladen hatten der Bund der Ingenieure für Wasser-wirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau e.V. (BWK), Landesverband Sachsen, als Veranstalter, das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) als Schirmherr, sowie das Dresdner Grundwasser-forschungszentrum e.V. (DGFZ) als Partner und Organisator. Die inhaltliche Vorbereitung der Tagung oblag dem Arbeitskreis Altlasten des Landesverbands Sachsen des BWK.

Nachdem das vorangegangene Sächsische Altlastenkolloquium (SALKO) 2020 unter den Bedingungen der Corona-Pandemie komplett als Online-Veranstaltung durchgeführt worden war, konnten sich Interessierte nun wieder in Präsenz treffen und sich über Fragen der Altlastensanierung austauschen. Der Landesverband Sachsen des BWK e.V., das SMEKUL und das DGFZ hatten Fachleute aus der Verwaltung, aus Ingenieurbüros, Sanierungsfirmen, Wissenschaft und Forschung, sowie Sanierungspflichtige zum XXVII. Sächsischen Altlastenkolloquium in die Dreikönigskirche Dresden eingeladen. Auch zahlreiche Firmen nutzten das Kolloquium, um sich in der begleitenden Firmenausstellung und durch Firmen-Kurzporträts dem Fachpublikum zu präsentieren.

Die Vorträge der Tagung gaben einen Überblick über die im August 2023 in Kraft tretende Mantelverordnung und die Knackpunkte der darin verankerten neuen Ersatzbaustoff- sowie Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, die Notwendigkeit der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung Ende 2021 verankerten Novellierung des Bundesbodenschutzgesetzes sowie über vielfältige Themen der Altlastensanierung und des Flächenrecyclings, die die Akteure dieser Branche auch weiterhin herausfordern werden.

So spann sich In den Vortragsblöcken der beiden Veranstaltungstage der Bogen von den rechtlichen Rahmenbedingungen, über Untersuchungsmethoden und die Bewertung von Messergebnissen im Rahmen der Altlastenerkundung und -sanierung sowie Building Information Modeling (BIM) in der Altlastensanierung bis hin zu konkreten Sanierungsbeispielen aus der Praxis. Einen großen Raum nahm in diesem Jahr auch das Thema Verunreinigungen durch per- und polyfluorierte alkylierte Substanzen (PFAS) ein. Vier der 16 Vorträge des Kolloquiums beschäftigten sich mit dieser Schadstoffgruppe. Es gab aber auch einen Blick über den „Tellerrand“ der Altlastensanierung hinaus mit dem Schlussvortrag zu Potenzialen von Altlasten und Altbergbauen zur Energie- und Wärmegewinnung. Das Programm bot Anregungen für Diskussionen, die sowohl unmittelbar nach dem jeweiligen Fachbeitrag als auch in den Pausen, an den Firmenständen und am Abendbuffet intensiv geführt wurden.

Begrüßung und Grußwort des Schirmherrn

Am ersten Veranstaltungstag begrüßte Birgit Lange, Vorsitzende des BWK Landesverbands Sachsen e.V. die Teilnehmer des XXVII. SALKO. Im Anschluss sprach Dr. Gerd Lippold, Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft. Er wertschätzte in seiner Rede die Arbeit der Ingenieure im Ehrenamt und sagte mit Verweis auf die in diesem Jahr mit dem BWK und dem DGFZ aktuell abgeschlossene Vereinbarung weiterhin die Unterstützung des SMEKUL zu. Anhand von zwei sehr gut gelungen Maßnahmen zum Flächenrecycling in Dresden machte er die Bedeutung solcher Maßnahmen gerade im dicht besiedelten urbanen Raum deutlich. Mit Blick auf die auch für Sachsen zukünftig mögliche Finanzierung von Vorhaben aus dem EFRE- und JTF-Fond gab er außerdem einen positiven Ausblick auch für zukünftige Projekte im Altlastensanierungsbereich.

Rechtliche und fachliche Rahemnbedingungen

Im ersten Themenblock, der von Rainer Stintz (SMEKUL) moderiert wurde, standen rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen im Fokus. Die neue Mantelverordnung, bestehend aus novellierter Bundes-Bodenschutz-und Altlastenverordnung, Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung sowie der neuen Ersatzbaustoff-Verordnung trittam 01.08.2023 in Kraft und wirft bereits jetzt ihre Schatten voraus. Auch auf die Akteure im Altlastenbereich kommen damit zahlreiche neue Herausforderungen zu. Über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen konnten sich die Zuhörer im ersten Vortrag des Tages aus erster Hand informieren. Alexandra Beer und Viktoriya Lukhmanova vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hatten an der Novellierung der BBodSchV mitgewirkt und gaben einen Überblick über die nun auf den Weg zu bringende Novellierung des Bundesbodenschutzgesetzes, für das mit dem vom BMUV veröffentlichten Eckpunktepapier (https://www.bmuv.de/download/eckpunkte-fuer-eine-novelle-des-nationalen-bodenschutzrechts) bereits klare Herausforderungen und Lösungsansätze formuliert wurden. Ziel ist es ähnlich wie beim Wasser, das Ziel: „guter Zustand der Böden“ zu definieren und dessen Erreichung als vollzugsfähiges Ziel festzulegen. Im zweiten Vortrag des Themenblocks informierte der Rechtsanwalt Nikolaus Steiner über die Auswirkungen der neuen Ersatzbaustoffverordnung und der novellierten Bundes- Bodenschutz-und Altlastenverordnung auch in Bezug auf Altlastensanierungs- und Flächenrecyclingprojekte. Trotz der noch eine ganze Weile geltenden Übergangsvorschriften (Probenahmevorschrift für Bodenmaterialien (zum 01.08.2028) und neue Anforderungen für die Verfüllung genehmigter Gruben und Abgrabungen (zum 01.08.2031)) empfahl er, bereits jetzt die neuen Regelungen anzuwenden. Schließlich gab Dr. Ingo Müller vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) einen Einblick in den Umgang mit Mess- und Ergebnisunsicherheit bei Bodenuntersuchungen und sprach auch über wichtige Verfahrensänderungen, die aufgrund der Novellierung der BBodschV notwendig werden.

Aus der Praxis - Erkundung und Prognose

Der zweite Themenblock setzte den Schwerpunkt auf Erfahrungen aus der Praxis im Bereich Erkundung und Prognose. Er wurde von Dr. Uwe Müller und Antje Sohr (jeweils LfULG) moderiert.

Antje Sohr (LfULG) leitete mit ihrem Beitrag und der Frage, ob die Schadstoffgruppe PFAS in Sachsen Relevanz hat, den Themenblock ein und verwies auch auf den "Leitfaden zur PFAS-Bewertung“ des Bundesministeriums für Umwelt Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie eine in Sachsen seit 25. Mai 2022 geltende Handlungsanleitung zum Umgang mit PFAS. Sie gab den Ausblick, dass PFAS in den sächsischen Böden, im Grund- und Oberflächenwasser nachgewiesen wurden, eine größere Flächenrelevanz im Bodenbereich jedoch nicht zu besorgen ist und der Kenntnisstand zu PFAS zukünftig durch weitere, aus dem Landesmessnetz zu gewinnende Daten zu vertiefen ist. Auch Kristin McClellan (Arcadis Germany GmbH) sprach das Thema PFAS an und referierte über Methoden und Untersuchungen zu Sickerwasserprognose, Transportverhalten im Grundwasser und Transformation dieser Schadstoffgruppe. Zum Abschluss des Themenblocks und des ersten Veranstaltungstags gab es einen Beitrag von Dr. Karsten Menschner (CDM Smith) zu systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests als Basis für erfolgreiche Sanierungsuntersuchungen.

In den anschließenden Firmenkurzporträts wurden wertvolle Hinweise zum Portfolio der jeweiligen Firmen gegeben.

Aus der Praxis - Sanierungsplanung und Sanierung

Am zweiten Veranstaltungstag wurden im dritten bis fünften Block weitere Themen aus der Sanierungspraxis vorgestellt, viele davon untersetzt mit konkreten Fallbeispielen.

Der dritte Themenblock, der von Dr. Karsten Menschner (CDM Smith) moderiert wurde, stand im Zeichen von Sanierung und Sanierungsplanung in der Praxis. Dr. Michael Reinhard (ARCADIS Germany GmbH) stellte eine Site Exit Strategy zur Beendigung von langlaufenden Sanierungsmaßnahmen in Zeiten erheblicher klimawandelbedingter Veränderungen vor. Er verdeutlichte, dass sowohl die dadurch bedingten Auswirkungen auf das Schadstoffverhalten selbst als auch die oft sehr energieintensiven Sanierungsverfahren bei der Entscheidungsfindung im Fokus stehen. Hier gilt es im Rahmen der Nachhaltigkeits- und Effizienzprüfung, die standortkonkret vernünftigste Entscheidung zu treffen. . Im folgenden Vortrag stellte Clarissa Kellner (Züblin Umwelttechnik GmbH) sehr eindrucksvoll, die über 10-jährigen Praxiserfahrungen mit PFA-Grundwasserreinigung und Bodenwäsche vor. Sie verglich die nach dem Stand der Technik üblichen Verfahren zur Reinigung von PFAS-haltigem Grundwasser und gab den Ausblick, dass hinsichtlich des Reinigungserfolges und der Gesamtwirtschaftlichkeit die Aktivkohleadsorption der klare Favorit ist. Den Abschluss des Blocks bildete der Vortrag von Dr. Ronald Giese und Morgane Minnig (jeweils GFI GmbH Dresden), in dem ein Sanierungsaudit an einem Standort der Karbochemie im urbanen Raum am Beispiel Zwickau-Schedewitz vorgestellt wurde.

Sanierung und Nachnutzung

Der vierte, von Dr. Thomas Sommer (DGFZ) moderierte Themenblock beschäftigte sich mit Fragen der Sanierung und Nachnutzung anhand dreier konkreter Fallbeispiele. Marcello Carboni (REGENESIS) berichtete über eine vorbeugende Behandlung zur Vermeidung einer Ausbreitung von MKW-Verunreinigungen in einem Chemiewerk an einem Beispiel aus Südwestdeutschland. Ulrike Schöbel (UBV GmbH) hielt einen in Kooperation mit der LMBV mbH erstellten Vortrag über die Sanierung eines komplexen länderübergreifenden Grundwasserschadens im Industriepark Schwarze Pumpe unter bergrechtlichen Bedingungen. Schließlich berichtete Christoph Repke (Umweltamt Dresden) aus der alltäglichen Praxis einer Unteren Bodenschutzbehörde und über die baubegleitende Inwertsetzung einer Brachfläche auf dem Standort einer ehemaligen Asphalt-Fabrik im Stadtgebiet Dresden.

Weitere Themen

Im fünften und letzten Vortragsblock, moderiert von Dr. Claudia Helling (Umweltamt Dresden), wurden weitere Themen behandelt, wobei das Spektrum von neu eingeführten Sanierungs-Technologien, bis hin zu Ausblicken, welches Potenzial Altlasten und Altbergbaue für die Energie- und Wärmeerzeugung haben, reichte. Holger Kaiser (Bauer Resources GmbH) stellte Building Information Modelling (BIM) als neues Instrument in der Altlastensanierung vor. Jack Shore (REGENESIS) stellte im folgenden Vortrag am Praxis-Beispiel eines britischen Flughafens vor, wie eine In-situ-Sanierung PFAS-kontaminierten Grundwassers ablaufen kann. Dr. Philipp Dost (BGD-ECOSAX) berichtete im Anschluss darüber, wie eine Grundwasserüberwachung mithilfe eines vereinfachten Prüfansatzes in ein Grundwassermonitoring überführt werden kann. Den Abschluss des Vortragsblocks bildete der Beitrag von Bernd Felgentreff (Techn. Beratung für Systemtechnik Felgentreff), in dem er darlegte, wie Altlasten und geflutete Altbergbaue als Wärmequelle, sowie Wärme- und Kältespeicher nutzbar sind und damit ein Potenzial für nachhaltige Energieerzeugung vorhanden ist.

In ihrem Schlusswort dankte Birgit Lange dem DGFZ-Team für die hervorragende Organisation, den Mitarbeitern der Dreikönigskirche für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung, den Referenten für ihre Beiträge und allen Teilnehmern für die rege Diskussion. Sie ermunterte dazu, die im Zuge der Tagung  aufgenommenen Fachaustausche, geknüpften Netzwerke zu den im Rahmen der Diskussion noch offen gebliebenen Fragen und erhaltenen Lösungsansätzen intensiv fortzuführen.

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